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Viele Consultants und Manager haben sich mit dem Schweizer „The Business Model Navigator“ von Grassmann, Frankenberger und Csik aus St.Gallen beschäftigt, um ihr Wissen über Business Modelle zu erweitern. Was diese Literatur bislang außer Acht lässt, ist das Modell der Exonomie. Exponentielles Wachstum durch u.a. erhöhte Frequenz an Innovationen. Dieser Artikel schafft Verständnis über dieses Business Modell und eine mögliche Antwort darauf in Form von BLAIQ-NET.

Eingewählt auf die Singularity Summit in Berlin vertritt Amin Toufani, CEO von T Labs und früherer Strategiedirektor und Vize Präsident der Singularity University seinen Standpunkt des zukünftigen Business Modells der Exonomie. Demnach sollen Umsätze aber auch Verluste exponentiell zunehmen und durch eine erhöhte Volatilität digitaler Systeme und Märkte unsicherer werden.

Die große Bifurkation – “Ein Trend, der hoffentlich nicht eintritt

Basierend auf seinen Erfahrungen im Finanzbereich, sieht Toufani einen Trend, den er große Bifurkation nennt, sprich die große Verzweigung. Während Deloitte in einer Studie der Customer Intelligence Lab eine solche Verzweigung zumindest nicht im Einzelhandel prognostiziert, das Insight Paper finden Sie hier, sehen andere Ökonomen eine Polarisierung auf den Märkten.

Nach Toufani wird die Bifurkation zwischen 2020 und 2030 stattfinden. Ein Trend, der hoffentlich nicht eintritt, wie er sagt. Verantwortlich für dieses Auseinanderdriften auf den Märkten seien seiner Meinung nach digitale Inhalte, Produkte und Dienstleistungen, Plattformen und deren Ökosysteme. Sprich alle digitalen Neuerungen der vergangenen Jahre.

Diese digitalen Systeme heizen exponentielle Dynamik ein, weil sie anpassungsfähig, skalierbar und automatisierbar sind. In Analogie dazu zeigt Toufani den Reifenwechsel bei der Formel 1 vor 50 Jahren und heute. Ein Prozess der nun nur wenige Sekunden dauert.

Die Verzweigung könnte auch zur Zunahme der Ungleichheit und absoluten Zunahme von Armut führen, sodass Industrieländer reicher und Entwicklungsländer ärmer würden. Er spricht auch von extremer Armut aufgrund dieses Trends. Das Problem sei hier, dass die meisten Länder auf exponentielle oder digitale Systeme nicht vorbereitet seien.

Menschliche Systeme und Ideen bewegen sich im Durchschnitt. Soll heißen, der Durchschnitt ist das was am häufigsten vorkommt. Ganz oft wird dann die Gaußsche Normalverteilung gezeigt, die wie ein Berg aussieht. Der Berggipfel zeigt die Beobachtungen, die am häufigsten vorkommen. Bei der Bifurkation würde statt dem Berggipfel ein Tal mit zwei Spitzen zu sehen sein.

Das Durchschnittsergebnis sind nicht mehr das gängigste Ergebnis. Die Extremen werden verstärkt. Deshalb ist es wichtig die Kehrseite zu unterstützen und die Oberseite zu verstärken.“ – Amin Toufani, Singularity Summit 2018.

Der OECD Ungleichheitsbericht würde bei einer Bifurkation, eine Zunahme des sogenannten Gini Koeffizienten vermitteln. Der Gini Koeffizient ist ein Ungleichheitsmaß (rangiert zwischen 0 (absolute Gleichverteilung) und 1 (absolute Ungleichverteilung)) und ist gemäß der OECD Daten im Jahr 2014 auf den höchsten Stand geklettert.

Derweil stand der Gini Koeffizient für Industrielänger bei 0,318 und für Schwellen- und Entwicklungsländer bei bis zu 0,459. Deutschland lag noch unter dem Durchschnitt für Industrieländer mit einem Wert von 0,289 (2015), wobei der Wert in den USA 0,39 (2015) betrug.

Auf den ersten Blick, keine allzu alarmierenden Zahlen. Wichtig sind hier, wie so oft, die regionalen Unterschiede. So zeigt sich Einkommensungleichheit durch Technologie, was insbesondere im Sillicon Valley zu beobachten ist, zufolge des Guardians und einem bereits 2015 erschienenem Artikel.

Die Vermutung liegt nahe, dass die Einkommensungleichverteilung mit der Zunahme von volatilen und digitalen Systemen im Einzelhandel und der Vermarktung zunehmen könnte, wenn Automatisierungssysteme nicht reguliert werden und Monopole sich im elektronischen Handel durchsetzen.

Als digitale Unternehmer und Konsumenten können Menschen jedoch direkten Einfluss auf diese Entwicklung nehmen.

BLAIQ-NET – Eine Kombination von Blockchain, künstlicher Intelligenz und Quantum Computing

Was passiert, wenn drei bis vier der derzeitig populärsten Buzzwords zusammengetragen werden? In einem Begriff wie BLAIQ-NET zum Beispiel?

Toufani weist in seinem Vortrag auf neue Entwicklungen auf, die Blockchain (B), künstliche Intelligenz (A.I.) und Quantum Computing (Q) zu einem System im „BLAIQ-NET“ kombinieren, ohne den genauen Grund zu nennen. Er nennt drei Technologien, wobei es sich hier um vier Technologien handelt, mit Zusatz der neuronalen Netze (NET). Unter Hilfestellung eines Artikels im Scientific American von Stephen Wolfram, werden die Gründe klarer.

Um diese Kombination an Buzzwords zu verstehen, muss man zunächst die einzelnen Teile verstehen und dann deren Überschneidung:

BL wie Blockchain. Demokratisiert Informationen und regelt Verantwortlichkeiten

Eine Blockchain ist ein Konto, in dem nach und nach Einträge kodiert werden und auf den vorherigen Einträgen basieren. Damit dieses Konzept funktionieren kann, müssen Daten eindeutig zuzuordnen sein. Das passiert mit Hilfe des „Hashings“. Dies liefert Werte, die wie ein Fingerabdruck eindeutig gekennzeichnet sind. Unterschiedliche Eingabedaten erhalten dadurch unterschiedliche Hashwerte mittels einer Funktion namens Hash.

Ein Hashwert eines Dokuments ist der Beweis für das Anlegen eines Dokuments in einer bestimmten Zeit. Mit jeder Kopie wird der Hashwert weitergegeben und damit wird das Dokument eindeutig zugeordnet. In der Blockchain wird pro Informationsblock ein eindeutiger Hashwert angelegt. Dieser verknüpft Inhalte des Informationsblocks und den Hashwert des vorherigen Blocks.

In Kryptowährungen geht es darum Transaktionen zu validieren und zu gewährleisten, dass kein Bitcoin zwei Mal ausgegeben wurde. Indem die Blockchain auf einem dezentralem Computernetzwerk bestehend aus tausenden von Computern auf der Welt abgelegt ist und Menschen um das Bauen von Blöcken im Wettbewerb zueinander stehen, werden die Blöcke korrekt addiert.

Die erste Person, die einen Block hinzufügt, erhält Gebühren zugesprochen die auf eine Transaktion fallen. Gleichzeitig bestätigen viele Menschen jeden Block, sowie jeden zusätzlichen Block in der Kopie ihrer Blockchain und bauen damit weiter.

Vertrauen und Demokratie werden dadurch digital aufgebaut, indem jeder am Bau der Blockchain teilnehmen kann, weil diese verteilt ist und man nicht einer einzigen Anlaufstelle glauben muss. Daher kann Bitcoin ohne eine zentrale Kontrolle wachsen wie z.B. einen Staat oder eine Bank. Einen Schritt weiter geht Ethereum, welches Berechnungen in dem Computernetzwerk demokratisiert und damit „smarte Verträge“ bestätigt.

A.I. wie Artificial Intelligence oder künstliche Intelligenz automatisiert Vorgänge

Auf lange Sicht ist künstliche Intelligenz eine Methode dafür, Prozesse und Aufgaben zu automatisieren, die Menschen davor selber erledigen mussten. Diese Automatisierung passiert durch Computation. Nach Wolfram können diese Berechnungen so anspruchsvoll werden wie unsere Gehirne.

Bislang bauten Menschen an Systemen, die vorhersehbar sind. Allerdings gibt es viel mehr Möglichkeiten als jene, die wir uns vorstellen können. Etwas womit sich die Suchmaschine Wolfram Alpha beschäftigt.

Besonders sinnvoll erscheint hier ein Verständnis darüber, wie wir über „smarte Verträge“ künstliche Intelligenz in Maschinen im Verhalten regulieren, damit K.I. gutmütig mit Menschen umgeht, wozu Stephen Wolfram viel Wissen angereichert hat.

Q wie Quantum Computing ermöglicht es die Natur digital in Berechnungen greifbar zu machen

Diese Art von Computing kann Zusammenhänge natürlich darstellen und greifbar machen, da es nicht auf binären Zusammenhängen basiert.

Diese Art von Computing arbeitet auf dem Prinzip, dass es für eine Bewegung mehrere Gründe geben kann ungleich physischen Gesetzen, wo eindeutig ist, wie sich Dinge bewegen.

Dadurch berechnen Quantencomputer für einen Sachverhalt mehrere Wahrscheinlichkeiten und finden in der Verschlüsselungstechnologie Einsatz, weil sie Primzahlen teilen, wenn auch bis dato mit hohem Rechenaufwand. D.h. Nachrichten können verschlüsselt werden mit komplexen Zahlen, die schwer zu entschlüsseln oder auch zu faktorisieren sind.

Kommerziell bedeutet das noch viel schnellere Rechner (100 Millionen Mal schneller als herkömmliche Rechner) und komplexere Berechnungen, die nicht nur mit ganzen Zahlen und einer binären Idee (1 oder 0) sondern mit fortlaufenden Zahlen (z.B. 0,123456) arbeiten.

Diese Technologie kann auch eine Antwort auf die vermutete Bifurkation oder auch Polarisierung sein, indem wir es schaffen die Natur mit natürlichen Prozessen digital zu simulieren.

Stephen Wolfram fügt in seinem Verständnis noch ein weiteres Buzzword hinzu, Neuronale Netze.

NET wie Neuronale Netze haben es Computern ermöglicht selbständig zu Lernen

Ein Neuronales Netz entspricht im Prinzip einer großen, mathematischen Funktion, mit kleineren, verbundenen Funktionen mit Gewichten dran. Durch diese Gewichte ist es möglich, diese übergeordnete Funktion zu trainieren.

Anders als beim herkömmlichen Programmieren, wo dem Computer explizit gesagt wird, was er zu tun hat, werden hier Beispiele geliefert und von dem Computer erwartet, selbständig Gewichte zu berechnen, die den Input mit dem Output abgleichen und dadurch zu lernen. Durch die Vielzahl an Beispielen (meist ist von Millionen die Rede) ist der Computer schlussendlich in der Lage Motive auf Bildern zu erkennen. Ein hinreichend komplexes, neuronales Netz wäre in der Lage alle möglichen Aufgaben zu erlernen.

Was haben diese Systeme gemein?

Blockchain, Neuronale Netze und Quantum Computing haben gemeinsame Axiome. Der gemeinsame Nenner dieser Technologien ergibt sich aus den folgenden Eigenschaften:

Der Erzeugung von

i)              Komplexität um durch

ii)             Zufälligkeit,

iii)           Einzigartigkeit hervorzurufen kombiniert mit

iv)           nicht reduzierbaren Berechnungen durch Menschen.

Nehmen wir die Blockchain. Durch i) Komplexität wird der Hashcode erzeugt, ii)-iii) in dem Hashcode steck Einzigartigkeit durch Zufälligkeit und iv) mittels dem menschlichen Einfluss, dem Hinzufügen von Blocks, sind nicht reduzierbare Berechnungen auf Kosten von Computerzeit vorhanden.

Neuronale Netze arbeiten mit Komplexität um Dinge zu Lernen und zu approximieren und Quantum Computing arbeitet mit dem Axiom der Zufälligkeit aus der Wahrscheinlichkeiten vielfältiger berechnet werden. Nimmt man diese Systeme zusammen, helfen Sie Menschen ein digitales Ökosystem zu bauen, welches in Automatisierung durch künstliche Intelligenz mündet.

Ihr Zusammenspiel sieht wie folgt aus:

Wir tendieren dazu Dinge zu kreieren und zu studieren, die für uns relevant sind und irgendwie um uns herum existieren. Und noch mehr als das, die Buzzwords von heute sind Dinge, die in der Reichweite unseres Verständnisses sind und der Konzepte, die wir entwickelt haben – und die irgendwie dadurch verbunden sind.” – Stephen Wolfram, Scientific American.

Adaptive Intelligenz wird zunehmend wichtig als Soft Skill

Toufani zeigt auch Richtung Adaptiver Intelligenz. Der Adaptive Intelligenz Quotient misst die Fähigkeit auf exponentielle Änderungen in der Welt zu reagieren und ist damit der wichtigste Garant für Erfolg. Toufani erklärt, dass es im Grunde drei Möglichkeiten gibt Intelligenz zu messen.

Zum einem über den IQ oder Intelligenz Quotienten, den EQ oder die emotionale Intelligenz und schließlich über den AQ den Anpassungsquotient. Für den AQ entwickelt er ein psychonometrisches Tool, um bei der Auswertung der eigenen AQ zu helfen. Auch glaubt er, dass der AQ trainierbar ist.

Innerhalb der Idee der Anpassungsfähigkeit als nötiger Soft Skill in der Zukunft, scheint Stabilität ebenso wichtig zu sein, da jeder nach Stabilität und Planbarkeit sucht. Dabei ist wichtig zu verstehen, dass um Anpassungsfähigkeit zu trainieren, Stabilität losgelassen werden muss, wozu Mut gehört und was über das Entlernen beschleunigt wird. Toufani führt ein Beispiel an eines Managers, der monatelang geübt hat das Fahrradfahren zu verlernen. Ein Kind hatte dies schon nach einigen Wochen verinnerlicht.

Wir können annehmen, dass Adaptive Intelligenz sicherlich eine sinnvolle Weise ist, mit häufiger Veränderung umzugehen und dass das Entlernen diese Art von Intelligenz erhöhen könnte. Bemerkenswerterweise gibt es bereits Apps, die diese Thematik abdecken: Oracle.

In dem zukünftigen Business werden Manager mehr mit Informationen und weniger mit Menschen arbeiten

Unternehmen werden zukünftig weniger Menschen zu managen haben und stattdessen mehr Informationen. Es werden weniger Produkte oder Dienstleistungen auf dem Markt vorhanden sein und dafür mehrere Plattformen. Stabilität wird abnehmen dafür werden Umsätze und Effekte größer. Deshalb empfiehlt Toufani die Position eines Chief Adaptability Officers, der Veränderungen beobachtet und darauf reagiert.

Toufani erklärt, dass es für diese Art der Betrachtung von Ökonomien noch zu wenig Verständnis gibt bzw. dass Wirtschaften sich eingehender damit beschäftigen müssen, um auf Technologien und die Bifurkation zu reagieren und exponentielle Trends mit einhergehender Volatilität begreifen zu können.

Was offen bleibt ist, ob BLAIQ-NET damit in der Digitalisierung mit ihren Ungleichgewichten und einer binären Beschränkung, ein digitales Gleichgewicht schaffen könnte, indem es ein natürliches Gleichgewicht in unserem digitalen Ökosystem simuliert.

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